Es war wieder die Zeit, wo sie herumschlichen, sie die alten Männer mit ihren langen weissen Bärten, die aussehen als wären Sie aus Watte gemacht und dem aus billigem Stoff gefertigten roten Mantel. Ja dieser Mann hat mein Leben nachhaltig geprägt.Das war damals, Anfang der 70er Jahre.
Der "Samichlous" hat bei uns, immer an Heiligabend das schöne Weihnachtsfest gestört.
Unser Wohnzimmer hatte sich wie immer in eine wunderschöne Gaststube verwandelt, auf dem weissen mit Stickereien verzierten Tischtuch standen die von silbernen Ständern gehaltenen roten Kerzen, dazwischen verstreut kleine Tannäste.
Unter dem edlen und von meiner Mutter mit viel Liebe geschmückten Tannenbaum lagen alle diese wunderbaren Geschenke. Nein, natürlich nicht alle für mich, das hatte ich längst erkundet, einige auch für meinen Bruder oder die Cousinen und Cousins welche für diesen Abend mit ihren Eltern bei uns auf Besuch waren.
Kurz nach dem Essen war es soweit, es klingelte an der Tür, alle wurden sofort still, auch die grossen. Mein Vater, er erschien mir in diesem Moment als besonders mutiger Mann, stand auf und ging zur Türe. Ich erinnere mich als wäre es gestern, an die schweren Schritte, an das Gebimmel einer kleinen Glocke, welche den Claus ankündigte während er noch unsichtbar für uns den Flur entlangkam.

Ja, ich habe mit 6 oder 7 kaum noch an den Samichlaus geglaubt. Es kann nämlich schlicht nicht sein das ein einziger Mensch das ganze Jahr jede Sünde sieht das jedes Kind macht. Auch nicht, wenn er, wie meine Mutter erzählt hatte, über ein ganzes Heer von Freunden verfügte, welche ihm alles erzählten. Ich habe mich stets Cool gegeben. ... Doch jetzt ... die Stunde der Wahrheit, eigentlich hatte ich ja nichts Schlimmes getan, oder, besser gesagt, er konnte es wirklich nicht wissen. Zum Beispiel das ich Linda auf den Mund geküsst habe, nein, wir hatten uns schliesslich gut versteckt. Auch das ich Peter Reber morgens um halb sieben in seiner Hütte im Wald durch lautstarkes Klopfen geweckt habe, um ihm zu erzählen das ich ihn am TV gesehen hatte kann ihm niemand erzählt. Wusste er vielleicht dass ich meiner Lehrerin Kieselsteine in die Chrom Radkappe gelegt habe und sie das Auto anschliessend in die Werkstatt gebracht hat. Wusste er von der Sache mit den Kaninchen, oder dem Elektrowagen des Milchmann, kannte er vielleicht sogar meine Schulnoten.
Der grosse Mann stand nun direkt vor mir, der Weinrote Mantel aus edlem Stoff mit seinen goldenen Applikationen, den wertvoll aussehenden Knöpfen, die schweren braunen Lederstiefel dem langen weissen Bart der sehr echt aussah, beeindruckten mich nun doch ... Wenn es doch einen Weihnachtsmann gab, dann ist er es ... schoss es mir durch den Kopf.
Verdammt, er wusste alles. Während er mir meine Sünden vor hielt schlug er öfters mit der Rute in seine braunen Lederhandschuhe, welche seine Hände verdeckten.
Mir schoss das Blut in den Kopf, ich spürte das mir die Haare zu Berge standen, sah die Geschenke davonschwimmen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis er mit mir fertig war. Ich verkroch mich in die hinterste Ecke und schwieg so still ich nur konnte, während er sich die anderen Kinder mit wesentlich kürzeren Sünden Listen vornehmen konnte.
Dass die blöde Frau Thomann eine Verräterin ist war ja klar, dass Peter gesungen hat ist eigentlich auch ziemlich klar, was anderes konnte der ja nicht. Doch Linda ... ich konnte es kaum glauben, gleich am ersten Tag nach den Ferien mache ich Schluss mit ihr, ich will nicht mit einem “Samichlousstasi“ befreundet sein. Sowieso, mit Mädchen will ich nie mehr was zu tun haben, schwor ich mir in diesem Moment.
Das ich dann, als er endlich wieder weg war, trotzdem all meine Geschenke bekommen habe beruhigte mich allerdings wieder ein wenig, trotz allem hatte der alte Mann erlaubt das ich Geschenke bekomme, es musste folglich also Kinder geben die noch mehr auf dem Kerbholz hatten als ich.
Ich war dann auch sofort der festen Überzeugung das meine Freunde Aldo und Thomas sicherlich nix zu Weihnachten bekommen haben.
Ja lieber Weihnachtsmann, du hast mich geprägt, doch wenn du glaubst du hättest aus mir ein liebes Kind gemacht, ... vergiss es ... ich habe schon am nächsten Morgen um sechs Uhr das ganze Haus geweckt, weil ... ICH !!! JETZT!!! MEINE!!! … neue Faller Autorennbahn ausprobieren wollte. Das “ich“ und “meine“ nahm ich dabei sehr genau.
Mein Bruder durfte da mit Sicherheit nicht mitspielen, schliesslich durfte ich seine CCR Kassette auch nie auf meinem Gerät abspielen und auf das berühren des schönen, Jackie Stewart Tyrrells, welcher bei ihm im Gestell stand, hatte er die Todesstrafe ausgesprochen. Ich war natürlich froh, hat er, anders als der Weihnachtsmann, keine “Freunde“ gehabt, und auch, und ich einen lieben Vater, welcher den abgebrochenen Heckflügel wieder geklebt hat, bevor Marcel Eyer nach Hause gekommen ist.
Trotzdem, dieser Weihnachtsmann hat mich geprägt, meine Haare stehen mir nämlich heute noch zu Berge.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine schöne Weihnachtszeit
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